Geschichte des Hardtwieble

Die Geschichte des Hardtwiebles...

Ich lebte vor über 300 Jahren und war Gräfin vom Schloss Heiligenberg. Die Leute mochten mich, denn ich war sehr freigiebig und gab viel den Armen. Eines Tages, als ich um drei Uhr wie immer beim Kaffeetrinken war, sah ich draußen einen Reitersmann näherkommen. Er klopfte an und sagte zu mir:

"Guten Tag Frau Gräfin, diese Schriftrolle ist vom Abt des Klosters Salmannsweiler (heute: Salem)." Er übergab mir das Papier, verabschiedete sich und ging. Ich setzte mich hin und las den Brief. Es war eine Einladung zum Abendessen.


Am nächsten Tag ritt ich bei klirrender Kälte hinab ins Tal. Als ich beim Kloster ankam, standen alle Mönche zum Empfang bereit und der Abt auch.


Ein großes Festmahl war wohl hergerichtet, die Tische schön gedeckt. Der Abt ließ auftragen , aber Feuer machte er nicht. Ich dachte: ,Hier drinnen ist es ja so kalt wie draußen. Ich fror wie ein Bettler, so dass ich zitternd fragte: "Hochwürden haben wohl kein Holz mehr?" Der Abt antwortete: "Durchlaucht, es tut mir leid, Sie so frieren zu sehen, aber das letzte Holzstück haben wir schon vergangene Woche in den Ofen geworfen." "Wenn das so ist, dann will ich Euch den Langenbühl schenken ," sagte ich.


Während ich die Schenkungsurkunde unterschrieb, bemerkte ich nicht, wie sich der Abt und die Mönche hinter meinem Rücken spitzbübisch ansahen. Sie wussten nämlich, dass das in Wirklichkeit reiche Kloster dadurch noch mehr bereichert wurde. Alle bedankten sich bei mir und lobten mich über alles. Ich wurde herzlich verabschiedet und als ich auf meinem Heimweg am Langenbühl vorbeiritt, dachte ich stolz: "Habe ich nicht ein gutes Werk getan?"


Als ich zuhause ankam, empfingen mich meine Kinder nicht so freundlich. Mein ältester Sohn machte mir bittere Vorwürfe , denn die Kunde von der Schenkung hatte vor mir das Schloss erreicht. Was soll denn aus uns werden, wir möchten auch noch etwas von unserem Erbe!" sagte er. "Wenn Du diese, meine Wohltat als zu hart empfindest. so soll der Wald da unten vor Salem nicht mehr Langenbühl heißen, sondern Hardtwald," sagte ich voller Gram.


Bald darauf starb ich in bitterer Armut.


Später wurde ich noch oft mit meiner Grätze auf dem Rücken im Hardtwald gesehen. Man sah mich mit einer Laterne den Weg suchen und bis in die Nacht hinein Pilze und Kräuter sammeln. Einigen Leuten , die in der Dunkelheit durch den Wald mussten , spielte ich manchmal üble Streiche. So kam einmal eine Leichsagerin spät abends mit einem Kinderwagen durch das Hardt. Ich nahm ihr ein Rad fort und sah, wie sie es vergeblich suchte. Nun musste die Frau ihr "Schesle" mit drei Rädern heim schaukeln und kam erst gegen Morgen zuhause an.


Ein anderes Mal begegnete mir der Metzgermeister Rimmele. Er hatte in Weildorf geschlachtet und kam gegen Mitternacht durch den kuhdunklen Wald. Er sah keine Straße und keinen Himmel mehr. Ich ließ das Lichtlein meiner Laterne im Zick Zack vor ihm her schweben. Ich hörte, wie er zu fluchen anfing, denn er sah nichts als das Licht, hinter dem er immerzu herlaufen musste. In Schweiß gebadet stand er morgens am Schattbuch beim Galgenwäldle.


Auch mit dem alten Bauer Heudorf trieb ich meinen Unfug. Eines Nachts kam er mit Ross und Wagen aus der Gerberei Frickingen durch meinen Hardtwald und ich ließ ihn nicht mehr heraus. Ich spannte ihm seine Stricke aus und so oft er sie wieder an das Wäglein tat, genauso oft löste ich sie wieder. Ihm half kein Fluchen und kein Beten, er kam einfach nicht vom Fleck.


Einmal habe ich auch eine gute Tat begangen. Ein Kind verirrte sich bei Dunkelheit im Hardtwald. Ich hörte es vor sich hinweinen. Es war schon fast eingeschlafen, da nahm ich es in meine Grätze und trug es zum Schappbuchhof. Dort stellte ich es in den Hausflur, wo es die Bäuerin fand.


Aus diesen Geschichten heraus entstand die Fasnachtsfigur "das Hardtwieble", mit dem Narrenruf: